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Warum kluge Frauen sich absichern sollten – auch wenn es unbequem ist

Es gibt Entscheidungen, die im Moment vernünftig wirken: weniger arbeiten, weil das Kind noch klein ist. Einen Karriereschritt auslassen, weil der Partner gerade mehr verdient. Oder stillschweigend den Alltag am Laufen halten – mit To-dos, an die sonst keiner denkt.

Lange funktioniert das. Bis es nicht mehr funktioniert.

Was dann bleibt, ist oft eine bittere Einsicht: Fürsorge ist wertvoll – aber sie schützt nicht. Und wer viel gibt, steht nicht automatisch sicher da, wenn sich das Leben ändert.

Unsichtbare Arbeit, sichtbare Folgen

Ein Großteil dessen, was unsere Gesellschaft am Laufen hält, basiert auf unbezahlter Arbeit von Frauen: im Haushalt, in der Familie, in der Pflege, in Schulen und Kitas. Diese sogenannte Care-Arbeit ist kein nettes Extra, sondern die Basis – sie wird nur selten als solche anerkannt.

Noch problematischer: Sie zählt kaum etwas, wenn es um Geld, Rente oder soziale Sicherheit geht. Wer Verantwortung übernimmt, macht sich oft gleichzeitig verletzlich.

Zahlen belegen das: Zwei Drittel aller Mütter mit minderjährigen Kindern arbeiten Teilzeit. Bei Vätern sind es knapp 6 % (Destatis, 2023). Diese Schieflage setzt sich im gesamten Erwerbsleben fort – und endet in einer gewaltigen Rentenlücke.

Teilzeit: sinnvoll, aber nicht harmlos

Teilzeit ist nicht das Problem. Das Problem ist der Irrglaube, sie sei folgenlos.

Viele Frauen planen, später wieder voll einzusteigen. Was dabei oft unterschätzt wird: Die Jahre in Teilzeit hinterlassen Spuren – im Lebenslauf, im beruflichen Ansehen, in der finanziellen Entwicklung.

Je länger diese Phase dauert, desto größer werden die Unterschiede: beim Einkommen, bei der Karriere, bei der Altersvorsorge.

Der Gender Pension Gap – also die Differenz in den Renten von Männern und Frauen – liegt laut OECD in Deutschland bei über 46 % (OECD, 2021). Diese Lücke entsteht nicht durch Pech oder persönliche Fehler. Sie ist eingebaut ins System: Wer zurücksteckt, zahlt später doppelt – mit weniger Geld und weniger Sicherheit.

Ehe schützt nicht vor finanziellen Risiken

Viele Frauen verlassen sich – bewusst oder unbewusst – auf die Partnerschaft als Schutz. Früher war das auch oft gerechtfertigt. Heute ist es riskant.

Seit der Reform des Unterhaltsrechts 2008 gilt: Nach einer Trennung zählt in erster Linie die Eigenverantwortung. Wer sich auf gemeinsamen Lebensstandard verlässt, steht schnell alleine da – besonders dann, wenn der eigene Beruf jahrelang zweitrangig war.

Das trifft vor allem Frauen, die Care-Arbeit geleistet und beruflich zurückgesteckt haben. Ihnen fehlt nicht nur Einkommen, sondern auch Zeit, um wieder aufzubauen. Die Vorstellung, man könne "später schon wieder aufholen", scheitert oft an der Realität.

Bildung ist kein Schutzschild

Auch gut ausgebildete Frauen sind nicht automatisch besser abgesichert. Viele glauben: Mit einem sicheren Job, einem Studienabschluss oder einem Beamtenstatus sei man auf der sicheren Seite.

Aber strukturelle Risiken machen keinen Unterschied zwischen Bachelor und Master. Wer lange zurücksteckt – egal, wie qualifiziert – verliert den Anschluss und baut kaum eigene Rücklagen auf.

Hinzu kommt ein gefährlicher Mechanismus: Viele Frauen übernehmen die Verantwortung für ihre finanzielle Unsicherheit selbst. Sie sagen Dinge wie „Ich wollte das ja so“ oder „Ich war überzeugt, das sei richtig“. Das mag ehrlich gemeint sein – lenkt aber vom eigentlichen Problem ab: dass die Strukturen diejenigen benachteiligen, die Fürsorge übernehmen.

Was sich ändern muss – und was man selbst tun kann

Es braucht ein Umdenken. Nicht erst dann, wenn etwas passiert – sondern vorher.

Ökonomische Absicherung ist kein Zeichen von Misstrauen. Sie ist Teil von Selbstverantwortung. In einem System, das auf unbezahlter weiblicher Leistung basiert, ist es notwendig, dass Frauen sich selbst mitdenken – in Zahlen, in Verträgen, in Vorsorge.

Was konkret hilft:

  • Frühzeitig für die eigene Rente vorsorgen – auch in Partnerschaften.

  • Klare finanzielle Vereinbarungen treffen – z. B. über Ausgleichszahlungen in Teilzeitphasen.

  • Verantwortung sichtbar machen – in Gesprächen, in der Familie, in der Öffentlichkeit.

  • Politisch aktiv bleiben – denn echte Sicherheit braucht strukturelle Lösungen.

Care-Arbeit ist keine Schwäche. Sie ist ein Beitrag zum Gemeinwohl. Aber sie darf nicht zur persönlichen Falle werden.

Am Ende geht es nicht um Ideologie, sondern um Fairness: Wer gibt, sollte nicht verlieren.

Quellen:

  • Destatis (2023). Mütter und Väter im Erwerbsleben.

  • OECD (2021). Gender Pension Gap.

  • Bundesministerium der Justiz (2008). Unterhaltsrechtsreform.

  • BMFSFJ (2023). Gender Care Gap.

  • Jurczyk (2014). Fürsorge und Erwerbsarbeit.

  • Wimbauer & Lange (2020). Care-Arbeit und Geschlecht.

 
 
 

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